Blog von GinkgoWolf

Bonsai-Schule: Bonsai-Gefäße und Utensilien auswählen (2b)



So, ich hoffe, ihr habt genug Atem gewonnen, denn nun fahren wir fort mit dem Unterricht. Nach der Abhandlung über die Stilformen nehmen wir die Bonsai-Gefäße und andere nützliche Utensilien näher unter die Lupe.

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Auswahl eines geeigneten Gefäßes

Sobald feststeht, in welcher Stilform der künftige Bonsai gestaltet werden soll, ist es meist nur ein weiterer Schritt für die Auswahl eines geeigneten Gefäßes.
Zunächst sollte jedoch nichts überstürzt werden und die Jungpflanze in einem Topf gestaltet werden. Es sollte erst die nötige Wurzelmasse (insofern an Feinwurzeln) vorhanden sein, bevor darüber nachgedacht wird, wann der Bonsai denn nun in die Schale kommt.
Auch sollte die Umstellung niemals ruckartig erfolgen, sondern nach langsamer Gewöhnung. Der Weg zum Bonsai in der Schale mag langwierig sein, dennoch sollte die Reihenfolge
von Topf
- zu Trainingsschale (eine ehemalige Pflanzschale eignet sich zu diesem Zweck übrigens hervorragend)
- bis hin zur Bonsaischale
unbedingt eingehalten werden.
Die Vitalität des Bonsai ist der (beste) Preis dafür.

Ist der lange Weg erfolgreich bis zu Ende gegangen, stellt sich jedoch wieder eine neue Aufgabe: Welche Schale ist die Richtige?
Diese Auswahl ist nicht völlig egal, doch bei der riesigen Menge an möglichen Formen auch keine Wahl, die man eben auf die leichte Schulter schieben könnte - oder gar sollte!

Eine Schale unterstreicht die Aussage des Bonsai, sie präsentiert ihn dem Betrachter. Niemand hängt ein Gemälde einfach an die Wand, ohne ihm vorher einen passenden Rahmen zu zu billigen. Auch bei der Schale handelt es sich um eine Art Rahmen, von dem der Bonsai eingerahmt wird. Und wie bei einem Gemälde darf der Rahmen niemals vor dem Bild gelobt werden.
Wenn auf einer Bonsai-Ausstellung die Schönheit der Schale hochgelobt wird, dabei aber der gestaltete Bonsai außen vor bleibt, passt das Arrangement nicht zusammen - das eigentliche Ziel wurde verfehlt.

Deshalb wählt man für den Bonsai eine Schale - und nicht umgekehrt!



Doch welche ist nun die richtige?

Die Auswahl ist mit den Möglichkeiten der Bonsaigestaltung gewachsen und ist wie schon erwähnt riesig.
Sie reicht von glasierten und unglasierten, über rundliche und kantige, tiefe und flache, zu solchen mit nach innen bzw. nach außen gerichteten Kanten.
Doch der Blick sollte kritisch nach der perfekten Schale Ausschau halten und sich unter keinen Umständen das Erstbeste greifen, damit solche Fehler wie oben erwähnt nicht passieren.
Ganz nach der Devise: Das Beste ist für meinen Bonsai gerade gut genug!

Hier nun ein paar Ratschläge, damit auch diese Aufgabe mit Bravour gelöst werden kann:

Zunächst einmal sollte klar sein, was am Bonsai besonders hervorgehoben werden soll.

Variante 1 beschäftigt sich mit der Art des Bonsai.
Dazu teilt man Gehölze gewöhnlich in zwei Gruppen:
Koniferen wird eine männliche Aussage zugeschrieben, Laubbäume gelten weiblicher.

Für Koniferen bieten sich deshalb folgende Varianten an:
- unglasierte Schalen in Braun- und Ockertönen
- tiefe,
- kantige,
- trommelförmige Schalen

Laubbäume präsentiert der Bonsaigestalter dagegen in:
- glasierten Schalen in zurückhaltender Farbgebung,
- flachen,
- rundlichen Schalen

Variante 2 zielt auf eine einzelne Eigenschaft des jeweiligen Bonsai hin.
So kann z.B. die Farbgebung einer Schale Bezug auf die schöne Herbstfärbung des Bonsai nehmen oder die individuelle Färbung der Rinde betonen. Möglicherweise soll auch die Schönheit der Blüte unterstrichen werden?
Blau glasierte Schalen stellen übrigens in der Regel Wasser oder Himmel da und eignen sich recht gut für Felsenbepflanzungen wie Seki-Joju.

Einige Ausnahmen bestätigen hier die Regel. So sind zu den üblichen Schalen (siehe Zeichnung links) ein paar "Sondermodelle" bestimmten Stilrichtungen vorbehalten. Für Kaskadenpflanzungen (Mitte) bieten sich sehr tiefe bzw. für Halb-Kaskaden halbtiefe, aber dafür bauchige Schalen an. Die Felsenbepflanzung Ishitsuki wird auf einem Felsen präsentiert, der quasi in die Schale eingearbeitet ist (rechts zu sehen).

Ein paar Kriterien sollten bei der Suche unbedingt mit berücksichtigt werden:
> Die Schalen sollten auf jeden Fall frostfest sein. Dazu müssen sie bei sehr hohen Temperaturen gebrannt worden sein.
> Innen sollten die Schalen stets unglasiert sein, damit der Luftaustausch gegeben ist. Eine schöne "Suppenterrine" scheidet deshalb von vornherein aus.
> Unabhängig davon wie groß die Schale ist, sollten immer zwei Wasserabzugslöcher vorhanden sein. Je größer die Schale ist, desto mehr Abzugslöcher sind Pflicht. Dies garantiert ein optimalen Wasserhaushalt.
> Die Schale ruht für gewöhnlich nicht direkt auf ihrem Boden, sondern auf Füßen, die die Luftzirkulation sicherstellen.
> Die Proportionen der Schale sollten mit denen des Bonsai abgestimmt sein, das bedeutet:
- Schalenbreite = 2/3 der Baumhöhe
- Schalentiefe = Stammdicke


Nützliche Utensilien



Zu den üblichen Dingen wie Stilform und Schale können noch weitere Dinge zur Gestaltung herangezogen werden. Infrage kommen z.B. Steine, mit denen Seki-Joju gestaltet werden könnte. Es muss nicht immer der zwar sehr leichte, aber möglicherweise zu gewöhnliche Lava-Stein (unterhalb des Lineals) sein. Warum nicht einmal einen Feuerstein mit einem Buchen-Bonsai kombinieren? Oder einen ungewöhnlich geformten Sandstein mit einem Bonsai bepflanzen?
Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt...

Da das Hauptziel darin besteht, einen alten Baumveteranen aus der freien Natur entstehen zu lassen, wird die Schale von Bonsailiebhabern gern zur "Bühne" "umfunktioniert". Eine Landschaft soll entstehen.
Deshalb finden sich in Felsenbepflanzungen mit reifen Bonsai desöfteren kleine Pagoden oder Figuren. Wichtig ist allein nur, dass das Arrangement nicht kitschig wirkt.

Und ansonsten kann ein Bonsaigestalter auch erstmal mit einem Kiesweg beginnen und Aquarienkies oder Quarzsand streuen. Oder für eine Küstenlandschaft eines Fuki-nagashi Muscheln, Sand und Treibholz kombinieren. Auch hier gilt die Devise, dass es glaubwürdig sein muss.

So, nun ist es Zeit wieder einmal einen Schlussstrich zu ziehen. Heißt: Unterrichsstunde zwei beendet. Fortsetzung folgt...