Blog von GinkgoWolf

Aufgespürt: Invasive Neophyten - Fallopia spezies



In Zeiten der Globalisierung schleppen wir auf unseren Reisen um die Erde und durch die Welt teils bewusst, teils unbewusst fremde Arten ein, die sich dann in unserer heimischen Natur etablieren können. "Neophyten" nennt man diese Neubürger im Pflanzenreich, die nach 1492 neue Lebensräume für sich eroberten. Mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus begannen der weltweite Handel und damit der internationale Austausch von Waren. Diese globale Vernetzung hatte zur Folge, dass sich ursprünglich intakte Ökosysteme mit einer Vielzahl von neuen "Mitbewohnern" auseinandersetzen mussten. Einige dieser Neubürger wurden "heimisch" und sind heute teilweise kaum mehr aus unserer Natur wegzudenken.

Ein kleiner Bruchteil aus dem Kreis dieser Neophyten gehört dagegen nachweislich zu den so genannten Problempflanzen. Sie verhalten sich aggressiv gegenüber der heimischen Flora, verdrängen diese und/oder breiten sich unkontrolliert aus. Deshalb werden diese Neophyten gemeinhin als "invasive Neophyten" bezeichnet.
Vielen Menschen ist dabei gar nicht bewusst, was sie da im Vorgarten oder im Gemüsebeet haben. Doch diese Unwissenheit kann (Klein-)Kindern, Allergikern oder Haustieren schnell zum Verhängnis werden.
Deshalb gibt es diesen Thread "Aufgespürt": Um die Problempflanzen zu entlarven und Wege aufzuzeigen, wie man der Situation wieder Herr werden kann.
Eine indianische Weisheit spricht davon, dass man nur das schützen kann, was man kennt. Was die invasiven Neophyten betrifft, kann ein jeder auch nur das bekämpfen, was er oder sie auch kennt. Kommt also mit auf eine Reise an die Schauplätze und zum Teil auch Tatorte...

Dieses Mal: Fallopia spec. - Flügelknöterich


Verwilderter Bestand an Fallopia am Waldrand; Falkenberg/Mark, Brandenburg

Die Bezeichnung der Arten

Die Gattung Fallopia schließt mehrere Arten ein, von denen drei besonders im Focus der Pflanzenbekämpfung stehen: Der Japanische Flügelknöterich (Fallopia japonica) und der Sachalin-Flügelknöterich (Fallopia sachalinensis). Bei den beiden Arten handelt es sich um ausdauernde Stauden aus dem östlichen Asien.
Uneinigkeit scheint es bei der Bezeichnung der beiden Arten zu geben. Während der Terminus Fallopia den alten Gattungsnamen Reynoutria recht unkompliziert abgelöst hat, herrschen deutliche Meinungsverschiedenheiten zur deutschen Bezeichnung vor. Während im Forum der Name "Stauden-Knöterich" allgemein geläufig ist, sorgt die alleinige Benennung "Knöterich" für Verwirrung - bezeichnet sie doch eine Liane (=Schlingpflanze) namens Schlingknöterich mit eben demselben Namen. Und diese gehört nicht zum Profil der invasiven Neophyten.

Die Bezeichnung "Stauden-Knöterich" ist wohl als Abgrenzung zum ungefährlicheren Schling-Knöterich zu verstehen, um die verschiedenen Pflanzen auseinanderhalten zu können.
Als offizieller und gültiger Name ist jedoch der Terminus "Flügelknöterich" zu sehen. (Quelle: "Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen", 2008)
In älteren Ausgaben des Zanders wird jedoch nicht selten auch der Name "Staudenknöterich" gefunden.

In ihrem Erscheinungsbild vom Fallopia japonica abweichend werden außerdem zwei Varietäten dieser Art unterschieden:
- F. j. var. compacta, der Kleine japanische Flügelknöterich sowie
- F. j. var. japonica, der Gewöhnliche japanische Flügelknöterich.

Weiterhin bastardieren F. japonica und F. sachalinensis untereinander; die entstandenen Hybriden fasst man unter der Bezeichnung Bastard-Flügelknöterich (F. x bohemica) zusammen. Der Bestand an Bastard-Flügelknöterich soll sich in Zentraleuropa bisher nur wenig etabliert haben, jedoch gilt diese Hybride als noch wuchsfreudiger als ihre Elternarten. Deshalb sollte auch die weitere Ausbreitung dieser Art strengstens überwacht werden.

Gärtners Liebling

Der Japanische und der Sachalin-Flügelknöterich ähneln sich in ihren Standortvorlieben und hinsichtlich ihrer Fortpflanzungsmethodik.


Fallopia in einem Schrebergarten mit Wasserbezug; Eberswalde, Brandenburg


Fallopia-Austriebe inmitten einer Dünenlandschaft in Meernähe; Binz auf Rügen, Mecklenburg-Vorpommern

Beide besiedeln bevorzugt feuchte Flächen in nächster Nähe zu Gewässern, z.B. an Flussufern oder an Grasböschungen oder am Gehölzrand. Weiterhin begegnet man ihnen oftmals auf gestörten Flächen wie Bahndämmen oder Ödland. Und sehr, sehr oft stellt man fest, dass in Nachbars Garten eine steht. Gärten, Parks und Kleingartenanlagen gehören mithin zu den wichtigsten Ausbreitungsschwerpunkten der Flügelknöteriche.


Fallopia im Vorgarten; Falkenberg/Mark, Brandenburg

Kein Wunder: Ursprünglich diente die ausladend wachsende Pflanze als Sichtschutz vor neugierigen Blicken und wurde sogar als originelle Gartenpflanze geschätzt. Was der Nachbar nicht auch hat, ist automatisch was wert. Sehr oft hört man nämlich von Beständen, die von den Gärtnern umfassend betreut werden – heißt, sie werden gegossen und anderweitig gehegt und gepflegt. Und das, obwohl dieses ominöse Gewächs durchaus von allein wachsen kann.


Verwilderter Bestand von Fallopia am Waldrand; Bad Freienwalde/Oder, Brandenburg

Auch in der Wildhege setzte man auf die Blickdichtigkeit der Pflanzen und siedelte sie als Äsungs- oder Deckungspunkte an. Reh und Fasan sollten von den Pflanzungen profitieren. Besonders das Niederwild (wo Fasan, Kaninchen & Co. hinzu zählen) geht aber als Verlierer hervor, da Flügelknöteriche sommergrün sind, heißt zum Winter hin einziehen. Als ganzjähriger Unterschlupf sind die Neophyten also schon einmal nicht geeignet. Aber auch das Schalenwild (Rehe, Hirsche, etc.) meidet die vermeintliche Äsungspflanze. Offenbar schmeckt sie nicht so allzu überragend.

Auf dem Vormarsch

Unbekümmert der teilweise gescheiterten Ansiedlungsversuche unter Menschenhand haben die Flügelknöteriche die Ungewissheit über ihr weiteres Schicksal überwunden und erkunden ihren neuen Lebensraum in eigener Sache. Ihre Strategie hat dabei eher weniger mit der Blüten- und Samenbildung zu tun, als mit vegetativer Vermehrung.


Blühender Bestand an Fallopia


Detailaufnahme eines Blütenstandes

Die weißen Blüten bilden die Pflanzen zwar von August bis Oktober aus, aber eine Vermehrung durch Aussaat erscheint den Neophyten nicht effektiv genug. Klonbildung durch vegetative Vermehrung ist sehr viel Erfolg versprechender und meist auch der Grund, weshalb aus einer einzigen Pflanze ein Riesenbestand heranwachsen kann. Die Wurzeln der Flügelknöteriche verlaufen dabei horizontal und bilden ein dickes Geflecht, aus denen nach Belieben neue, grüne Sprosse entstehen können.


Verwilderter Bestand an Fallopia; Cöthen bei Falkenberg/Mark, Brandenburg

Nicht zuletzt trägt auch der Mensch zur weiteren Ausbreitung der Pflanzen bei: Indem er nämlich Pflanzen- und Wurzelteile ungeachtet in der freien Natur "entsorgt". Selbst aus kleinen Resten von Wurzeln können neue Pflanzen heranwachsen. Wie sonst ist zu erklären, dass Flügelknöteriche auf oder neben Komposthaufen stehen oder auf illegalen Mülldeponien gedeihen?

Heimische Flora in Gefahr


Belaubter Trieb einer Fallopia-Staude; Cöthen bei Falkenberg/ Mark, Brandenburg

Längst hat der Flügelknöterich seine angestammten Territorien verlassen und wuchert dort, wo er sein Auskommen findet. Die heimische Flora steht der grünen Invasion hilflos gegenüber. Der schnell wachsende Flügelknöterich beschattet mit seinem großblättrigen Laub in kürzester Zeit den Boden und unterbindet so das Wachstum anderer konkurrierender Pflanzen.
Wo Flügelknöterich steht, wächst bald nichts anderes mehr.
Auch im Garten kann sich der Neophyt unbeliebt machen. Indem er Platten anhebt oder aus Spalten hervorwuchert oder schlussendlich alles andere im Beet wachsende unter seiner grünen Masse begräbt. Eine Zeit lang mag er vielleicht schön sein. Nichtsdestotrotz wird er bald als unerwünscht abgeschrieben. Früher oder später ist jeder mal dran.

Und ewig herrscht Krieg...

Problematisch wird es erst, wenn der Entschluss gefasst wird, den Flügelknöterich wieder abzuschaffen. Was einfach klingt, kann (und hat!) vielen Gärtnern den letzten Nerv rauben. Flügelknöterich ist nicht nur sehr anspruchslos (siehe Lebensräume) und schnellwüchsig, sondern auch so gut wie unverwüstlich.


Neuaustrieb eines Fallopia-Bestandes; Bad Freienwalde/Oder, Brandenburg

Das Rausreißen der Pflanzen ist dabei als besonders schwierig herauszustellen, da die Wurzeln (wie weiter oben erwähnt) ein dickes Geflecht bilden und kaum allein aus dem Boden gerissen werden können. Auch das Abstechen der einzelnen Pflanzen wird sich schnell als nicht effektiv genug offenbaren, wenn aus im Erdreich verbliebenen Wurzelstücken neue Sprosse emporschießen.
Da erscheint die einmal monatlich praktizierte Mahd des gesamten Pflanzenbestandes viel einfacher. Ziel ist es hierbei, die Pflanze so weit zu schwächen, dass ihr die Energiereserven ausgehen und sie schlussendlich abstirbt. Zahlreiche Gärtner berichten jedoch über die Ausdauer dieser "Pflanzenpest" solche Maßnahmen zu überleben.
Auch die typischen Unkrautbekämpfungsmittel wie Herbizide, heißer Dampf oder Abflammen werden genutzt, um der Plage Herr zu werden. Durchaus lassen sich dabei Erfolge verzeichnen, doch wie hoch mögen dabei die Verluste in der heimischen Flora oder bei den restlichen Gartenpflanzen sein? Nicht zuletzt fallen diesen Maßnahmen auch zahlreiche Tiere zum Opfer, die als Nützlinge später von Betracht sein könnten.
Große Hoffnungen auf baldigen Erfolg bei der Bekämpfung der Flügelknöteriche beschert ein winzig kleines Tierchen, eine Blattflohart mit Namen Aphalara itadori. Die Forschung auf dieser Seite der biologischen Bekämpfung steckt zwar bisher noch in den Kinderschuhen, doch sollen Untersuchungen bereits gezeigt haben, dass dieser Blattfloh nur auf Flügelknöterich-Arten und nicht auf einheimischen Pflanzen parasitiert.
Möglicherweise können Gärtner bald die kleinen Tierchen bestellen und auf diese Weise ihren Garten zur Flügelknöterich-freien Zone umgestalten.

Flügelknöterich? Bitte draußen bleiben!

Die einfachste Möglichkeit des Bekämpfens besteht aber darin, die Neophyten gar nicht erst irgendwo anzusiedeln. Auf diese Weise lässt sich auch verhindern, sich in die Reihe der verzweifelten Gartenbesitzer einzureihen, die versuchen (oder versucht haben), die Flügelknöteriche auszurotten. Und die Liste derer ist lang!

Riesenknöterich im Garten - Erfahrungen

Das Ende vom Lied?


Die Menschen sind gegangen, Fallopia ist geblieben.
Verwilderter Bestand von Fallopia auf einem ruinösen Grundstück; Neubrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

Die hier vorgestellten Pflanzenarten stehen auf der sogenannten "Schwarzen Liste" für gefährliche, invasive Pflanzen.
(Für weitere Informationen bitte unter Methodik Schwarzer Listen nachlesen.)

Anmerkung der Autorin
Da es mir bisher nicht möglich ist, die einzelnen Arten eindeutig voneinander zu unterscheiden, wurde bei keinem der hier gezeigten Fotos die Art bestimmt, um eventuellen Fehlern vorzubeugen. Wichtig erschien mir vorrangig das Aufzeigen der Vertreter dieser Gattung. Woran nun im Zweifelsfall ersichtlich ist, welcher der Arten man beim nächsten Spaziergang gegenüber steht – das dürfte andere weiterführende Literatur klären.



Bearbeitet: 1x, zuletzt am 03.09.2018 - 21:51 Uhr